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16.11.2016

Forum Fussgängersimulation

Am 16.11. waren wir als Mitglied der RiMEA e.V. in Karlsruhe auf dem Forum der PTV Group zur Fussgängersimulation vertreten und erhielten vertiefte Einblicke in mögliche Einsatzfelder des Fussgängersimulationstools PTV Viswalk.

Die Emch+Berger Verkehrsplanung setzt unterschiedliche Software zur Verkehrssimulation bereits seit über 10 Jahren in Forschung und Praxis ein. Damit können Fragestellungen im Themenfeld Fussgängerverkehr z.B. bei einer Grossveranstaltung, in einem Bahnhof oder bei einer Evakuierung von Publikumsanlagen untersucht werden.

Auf dem Forum waren aus unsrer Sicht neben konkreten Anwendungen in Projekten vor allem die Vorstellung der Studien zur optimalen Anpassung von Parametern der Software von Interesse. Gerade eine verantwortungsvolle und an die jeweilige Situation angepasste Nutzung der Software und vor allem der Parametereinstellungen ist aus Sicht unserer Praxiserfahrungen wesentlich für die korrekte Interpretation der Ergebnisse und damit auch für die Beurteilung der Sicherheit und Funktionalität von Fussgängeranlagen. Es ist naheliegend, dass sich z.B. das Laufverhalten von Personen mit schwerem Gepäck an Bahnhöfen von jenem in einem Brandfall in einem Fussballstadion unterscheidet.

In einem der zahlreichen Beiträge wurde die Weiterentwicklungen des Forschungszentrum Jülich bezüglich der Theorie von komplexen Begegnungsfällen vorgestellt und wie die Validierung der Theorie durch gross angelegte Studien mit bis zu 2’000 Versuchspersonen, die z.B. über eine Kreuzung von zwei Gängen strömen, vorgenommen wird.

Einer der Vorträge zeigte konkret die Anforderungen von Simulationsmodellen im Bereich des Brandschutzes für Bahnhöfe auf. In diesem Umfeld wurde in den letzten Jahren viel entwickelt, weil einerseits neben statischen oder analytischen Modellen des Personenflusses auch Simulationsmodelle eingesetzt werden.

Eine ähnliche Entwicklung gab es bei den Ausbreitungsmodellen von Rauchgasen, die in separaten Programmen berechnet werden. Software die sowohl die Rauchausbreitung als auch die Personenströme im gleichen Simulationslauf ermitteln kann, gibt es derzeit noch nicht oder nicht mehr in einer kommerziell vertriebenen Version.

Hier ist Emch+Berger Vorreiter. In Zusammenarbeit mit der Universität Örebro wurde in einer Multi-Agenten-Simulation die simulierte Rauchgas- und Temperaturentwicklung eines brennenden TGV in einem Tunnel mit einer Fussgängersimulation zusammengebracht. Darüber hinaus haben wir das Verhalten der Agenten auf die Konzentration der Rauchgase und die Temperatur abgebildet. Aufgrund der speziellen Softwareentwicklung konnten weitere Verhalten wie z.B. das Erkennen von Signalen und die Kommunikation der Agenten untereinander mit entsprechenden Reaktionen abgebildet werden. Mit dieser Simulation wurde der Brandfall und die Evakuierung eines TGV in dem geplanten Tunnel Lyon-Turin untersucht. Die Detailtiefe dieser sehr speziellen Arbeit ging so weit, dass sogar das Verhalten im Zug simuliert wurde.

Die Vorträge auf dem besuchten Forum deckten insgesamt eine grosse Breite von Anwendungsfällen ab. Es gab Arbeiten zu Bahnhofsumbauten, Sportstadien und zugleich Grossanlässen, wie die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotchi und die Fussball-WM. Auch bei Shopping-Centern können beide Fälle, Betrieb und Evakuierung, mittels Fussgängersimulation beurteilt werden.

Der offizielle Teil endete mit einem Ausblick auf Weiterentwicklungen und deren Diskussion.

Was bleibt von der Veranstaltung hängen und welche Denkanstösse wurden ausgelöst? Vor allem der fachliche Austausch mit anderen Verkehrsexperten, die sich mit fast identischen Themen zur Fussgängersimulation und Personenhydraulik beschäftigen und die Einblicke in die unterschiedlichsten Anwendungsfälle ist ein wertvoller Zugewinn.

Wir werden die Kenntnisse und Erfahrungen voraussichtlich schon bald mit eigenen Vergleichsmessungen und einer Simulation eines Gebäudes mit grossen Personenströmen ergänzen und vergleichen.

Eine Frage die uns speziell antreibt ist: Wie schafft es der Auftraggeber, zwischen einerseits Knöpfedrücken in einer Software und andererseits kompetenter und gewissenhafter, fachlicher Beratung zu unterscheiden?